Shri Chaitanya Mahaprabhu (1486-1534), Gründer des Gaudiya Vaishnavatums, hatte mit seiner Botschaft einen internationalen Einfluss, wie es seit Buddha kein Lehrer Indiens mehr hatte. Er rief eine Bewegung ins Leben, die sich immer noch auf der ganzen Welt verbreitet und heute als die Hare Krishna Bewegung bekannt ist. Insbesondere in den letzten 50 Jahren wurde die Hare Krishna Bewegung durch Shrila Prabhupada außerhalb Indiens bekannt und wird heute in Nord- und Südamerika, Europa, Russland, China und vielen anderen Ländern begeistert begrüßt. Dies wiederum verstärkte die Popularität der Bewegung in Indien, wo sich ihr immer mehr Millionen Menschen anschließen.
Etwas Einzigartiges an Shri Chaitanyas Bewegung ist, dass viele seiner ersten Nachfolger zu den größten Gelehrten ihrer Zeit gehörten. Dies machte es möglich, dass Shri Chaitanyas Lehre schon direkt zu seiner Zeit in der gleichen Sprache, in der er gesprochen hatte, aufgeschrieben und systematisiert wurde. Auch die ersten Biographien Shri Chaitanyas wurden von Nachfolgern seiner Zeit verfasst, die ihn persönlich gekannt hatten (wie z.B. das Chaitanya-bhagavata von Vrindavan Das Thakur). Dadurch besteht eine beispiellose Übereinstimmung unter seinen Nachfolgern in Bezug auf sein Leben und seine theologisch komplexe Lehre.
Das Leben Shri Chaitanyas
Gaudiya Vaishnavas (Nachfolger Shri Chaitanyas) betrachten Shri Chaitanya als Inkarnation Krishnas – als yuga-avatar – die Manifestation Gottes im aktuellen Zeitalter, der kam, um das yuga-dharma zu lehren – die effektivste spirituelle Praxis für diese Zeit.
Shri Chaitanya wurde in Westbengalen (in Navadvip) in einer Brahmanen-Familie geboren. Seine Eltern, Sacidevi und Jagannath Mishra, hatten zwei Söhne, Vishvarupa und Shri Chaitanya. Navadvip, sein Geburtsort, war zu der Zeit das intellektuelle Zentrum Südasiens und bot ihm eine erstklassige Ausbildung in Logik und anderen Fächern. Shri Chaitanya war ein hervorragender Schüler – im gelehrten Umfeld Navadvips wurde er immer mehr zu einer Berühmtheit. Schon als junger Teenager fing er an zu Unterrichten und besiegte bekannte Gelehrte beim Debattieren.
Gleichzeitig bildete sich zu der Zeit eine Vaishnava -Bewegung in Navadvip aus. Die Anhänger dieser Bewegung wollten zu den Ursprüngen der indischen Kultur zurückkehren, d.h. sie setzten sich als Lebensziel durch die Praxis von bhakti-yoga Liebe zu Gott zu entwickeln. Diese Vaishnavas waren jedoch etwas entmutigt, da sie auf wenig Interesse für bhakti-yoga unter den Einwohnern Navadvips stießen.
Als Shri Chaitanyas Vater starb, ging Chaitanya mit seiner Familie nach Gaya, um dort die Sterberiten für seinen Vater durchzuführen. Als er dort war, traf er den bedeutenden Vaishnava Ishvara Puri und war so beeindruckt von ihm, dass er sich entschied sein Schüler zu werden. Auf diese Weise kehrte er als begeisterter Verehrer Krishnas nach Navadvip zurück, suchte dort die Vaishnava-Gemeinde auf und wurde ihr Anführer.
Er begann mit seinen Nachfolgern die Namen Krishnas auf den Straßen Navadvips zu singen, obwohl dies von der muslimischen Regierung verboten wurde. Dies zog den Zorn des Kazis (Bürgermeisters) auf sich, der sich dazu entschloss die Bewegung Chaitanyas zu zerstören, indem er gewaltsam in die Versammlungen eingriff. Daraufhin rief Chaitanya tausende Menschen zum Protest zusammen und marschierte mit ihnen zum Haus des Kazis. Chaitanya bestand darauf, dass die Menschenmenge friedlich blieb. Dies führte zu einem Gespräch zwischen Chaitanya und dem Kazi, woraufhin der Kazi das öffentliche Singen von Krishnas Namen nicht nur erlaubte, sondern all seinen Regierungsnachfolgern befahl Chaitanyas Bewegung freie Bahn zu gewähren.
Zur Zeit Shri Chaitanyas wurden spirituelle Lehrer v.a. ernst genommen, wenn sie als sannyasis lebten (entsagte Mönche) und so entschied sich Chaitanya im Alter von 24 für das sannyasa-Gelübde. Die nächsten sechs Jahre reiste er durch ganz Indien und war sagenhaft erfolgreich als Lehrer der Krishna-bhakti (Hingabe zu Krishna). Auf der einen Seite war er ein gefühlvoller und begeisterter Tänzer und Sänger, auf der anderen Seite konnte er sich, wenn die Musik aufhörte, hinsetzen und hochphilosophische Gespräche mit den bekanntesten Gelehrten seiner Zeit führen. Durch diese Kombination gewann er viele Menschen für seine Bewegung. Religionswissenschaftler halten fest, dass sich überall wo seine Bewegung Fuß fasste soziale Harmonie ausbreitet und gewaltsame Konflikte zwischen Hindus und Muslimen in beachtlichem Ausmaß abnahmen. Nach seinen Reisen ließ sich Shri Chaitanya in der bedeutenden Pilgerstadt Jagannath Puri nieder und verbrachte dort den Rest seines Lebens.