Tue das Richtige mit der richtigen Absicht

Es war einmal ein Mann, der ein Maultier besaß. Wenn er und sein Sohn unterwegs waren, ritt er auf dem Maultier und sein Sohn lief neben her. Als manche Leute dies sahen, kritisierten sie: „Warum sitzt er auf dem Maultier und lässt seinen Sohn laufen?“ Also hat der Mann seinen Sohn auf das Maultier gesetzt und ist selber neben her gelaufen. Daraufhin sagten wieder andere: „Warum reitet der Sohn auf dem Maultier, während sein Vater laufen muss?“ Also haben sie sich beide auf das Maultier gesetzt, da sagten Kritiker: „Warum sind die beiden so hartherzig, dass sie dem Maultier eine solch schwere Last zumuten?“ Da stiegen sie beide ab und liefen neben dem Maultier, und die Leute sagten: „Warum sind sie so dumm – sie haben ein Maultier, aber trotzdem laufen beide?!“

John Lydgate sagte einmal: „Manchen Leuten kannst du es immer recht machen, allen Leuten kannst du es manchmal recht machen, aber du kannst es nie allen immer recht machen.“

Es wird immer welche geben, die dich kritisieren – egal was du tust, also kannst du auch gleich das Richtige tun. Wenn wir Krishna erfreuen, ist unser Leben vollkommen. Wir sollten enthusiastisch sein, mit der richtigen Absicht das Richtige zu tun. Dann können andere sagen was sie wollen, aber wir wissen, dass Krishna oder Gott im Herzen zufrieden ist. Gleichzeitig gilt, dass je authentischer wir werden, desto mehr wird diese Aufrichtigkeit von anderen erkannt werden und sie beeinflussen.

Aus einem Vortrag von Radhanatha Swami (29. November, 2014), www.radhanathswami.com

Foto: Juan Gnecco

Konzentriere dich auf das Wesentliche und entfliehe der „Tyrannei“ der eintausend dringenden Dinge

Seit vielen Jahren bewegt sich das Leben schneller. Vorbei sind die Tage des friedlichen Reflektierens. Stattdessen ist das Leben der Durchschnittsperson gefüllt mit vielen kleinen und großen Projekten – die meisten davon unwesentlich. Wir werden überflutet mit Informationen, Nachrichten, Gesprächen, Jobs, Tätigkeiten, Verbindlichkeiten, Pflichten, Beziehungen, Konferenzen, Reisen und obendrein kommt dann noch der „Segen des Internets“. Während unsere Leben davon eilen, scheint die Liste der dringend anliegenden Dinge täglich nur länger zu werden und mehr Stress zu verursachen.

Dennoch nehmen diese eintausend Dinge unsere Aufmerksamkeit völlig in Anspruch. Wenn wir nicht vorsichtig sind, können sie uns so sehr beschäftigen, dass sie unsere Fähigkeit tief zu denken und zu fühlen begraben.

Einmal habe ich einen Mönch getroffen, der all seinen Besitz in einer einzigen kleinen Reisetasche aufbewahrte. Mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen erzählte er mir eines Tages: „Wenn ich nicht alle drei Monate diese Tasche durchschaue und alles, was überflüssig ist, aussortiere, wird meine Tasche entweder platzen oder ich muss eine zweite dazu kaufen.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Wir müssen in unseren Leben dasselbe machen und regelmäßig das Haus putzen. Wenn wir das nicht tun, werden wir entweder explodieren oder unser Leben ausleben und dann einen neuen Körper annehmen, in dem wir uns dann weiter mit all diesen eintausend Dingen verstricken!“

Ich denke, wir wissen alle, was der Mönch damit meint. Seine Botschaft ist einfach: setze Prioritäten, konzentriere dich auf das Wesentliche und Kraftspendende, und wisse, wenn du es nicht tust, erwarten dich Schwierigkeiten.

Wisst ihr, wie ein Dompteur ein gefährliches Raubtier zähmt? Er lähmt seine Willenskraft! Wenn er den Käfig mit dem darin kauernden Tiger betritt, hält er einen Stuhl mit vier identischen Beinen vor sich. Das genügt, um den gefährlichen König des Dschungels völlig zu lähmen. Warum? Weil er keine Prioritäten setzen kann; er kann sich nicht entscheiden, welche der vier Beine er zuerst angreifen soll. Dies gibt dem Dompteur einen Vorsprung an Autorität und Kontrolle. Allmählich wird dem Tiger beigebracht, dass er selbst für sein Futter den Dompteur zufrieden stellen muss.

Viele von uns sind auf ähnliche Weise gelähmt, überwältigt von den eintausend dringenden Dingen auf unserer Liste, von denen jedes gleich wichtig erscheint. Wir können uns nicht entscheiden, was wir zuerst erledigen, oder was wir einfach ignorieren sollen. Nicht ausreichend zu priorisieren ist lähmend. Wenn wir die natürliche Fähigkeit verlieren, zwischen dem Wichtigen und Unwichtigen zu unterscheiden, ist unsere ganze Freiheit verschwunden und wir wissen nicht mehr weiter. Das erste, das wir vergessen, ist, dass wir ein ewiges, glücksseliges Teil Gottes sind, und dass aus dieser Perspektive der Ewigkeit nichts in dieser Welt, – ob gut oder schlecht – , es Wert ist, sich dafür versklaven zu lassen.

Was ist wichtig?

Das Shrimad-Bhagavatam gibt uns einen interessanten spirituellen Rat über das Priorisieren, in dem es uns lehrt, was zuerst kommt: „Es gibt kein größeres Hindernis für das Selbstinteresse, als zu denken, andere Themen seien erfreulicher, als die eigene Selbstverwirklichung.“ (SB 4.22.32) Shrila Prabhupada erklärt in seiner Erläuterung zu diesem Vers, dass das Bhagavatam sich mit „Selbstverwirklichung“ auf die Verwirklichung des eigenen individuellen Selbstes zusammen mit der Verwirklichung des höchsten Selbstes, Shri Krishna, bezieht.

Zwei einfache Techniken, die mir helfen, meine Prioritäten zu finden:

1) Ich frage mich immer wieder: „Was ist es, das ich im Moment nicht tue, (aber weiß, dass ich es tun sollte) – das mein Leben entscheidend verbessern würde?“

Wenn ich eine Antwort finde, etwa im Zusammenhang mit meinem spirituellen Leben, widme ich mich anderen Bereichen, wie der Gesundheit oder Beziehungen und stelle mir die Frage erneut. Jedes Mal erstaunen und inspirieren mich die Ergebnisse dieser Technik aufs Neue.

2) Ich gehe in Gedanken an mein Lebensende und schaue von dort aus zurück. Dann stelle ich mir die Frage: Welches von den vielen Dingen war wirklich gut? All das, was mich dann inspiriert und „mit Kraft anschaut“ ist eine Priorität, die ich sogleich auf meine Prioritätenliste setze. Wenn wir inmitten tausend kleiner Dinge stecken, neigen wir dazu nur das zu sehen, was sich direkt vor uns befindet. Wir sind wie einer, der durch eine atemberaubende Landschaft spaziert, aber nur auf den Weg direkt vor ihm starrt – bis er mit dem Kopf gegen einen tief hängenden Ast stößt. Wenn ich jedoch vom Standpunkt des Todes aus auf mein Leben zurückblicke, interessiere ich mich nur für die wirklich wesentlichen Dinge: Beziehungen, selbstloser Dienst, Augenblicke, die es mir ermöglichen zu vergeben, spirituell erfüllt zu sein oder Mitgefühl zu zeigen.

Dies sind die Dinge, auf die wir uns konzentrieren sollten, solange wir die Kraft, Intelligenz und das offene Herz dafür haben. Diese Art Aufgaben, bei denen man über den Tellerrand schaut, sind die essentiellen und energie-gefüllten Projekte, die wir aus den Millionen Handlungsmöglichkeiten, die uns das Leben bietet, priorisieren sollten. Und wir sollten sie jetzt erledigen, denn eines der Dinge, die man im Augenblick des Todes klar erkennt, ist, dass es wirklich immer nur das Jetzt gibt.

Der Nutzen davon Prioritäten zu setzen

Priorisieren ruft zwei Kräfte in uns hervor:

1) Die Kraft zu allem Unwichtigen „nein“ zu sagen und es wie unnötigen Müll rauszuschmeißen.

2) Die Kraft das Wichtige zu tun und unser höchstes spirituelles Ziel zu erreichen.

 

Autor: Sacinandana Swami, www.sacinandanaswami.com

Foto: Iwan Beijes

Das Problem des Bösen

Für viele ist der Gedanke, dass es angesichts des ganzen Leides, das Menschen widerfährt, Gott geben soll, unbegreiflich.
Ihre Argumentation ist wie folgt:
Gott werden (mindestens) die folgenden drei Eigenschaften nachgesagt:
1) Er weiß alles, d.h. er weiß auch, dass es das Böse (Leid) gibt.
2) Er ist gut, d.h. er möchte das Böse aufhalten.
3) Er ist allmächtig, d.h. er kann das Böse aufhalten.
Da es aber trotzdem Böses gibt, kann es keinen Gott mit diesen drei Eigenschaften geben.

Doch diese Argumentation übersieht etwas: die Möglichkeit, dass es ein größeres Unheil wäre, wenn Gott das Böse abschaffen würde – dann würde er nämlich den freien Willen abschaffen. Den Seelen einen freien Will zu verleihen heißt, ihnen die Freiheit zu geben eigene Entscheidungen zu treffen. Man könnte jetzt verlangen, dass Gott doch in der Lage sein müsste das Böse abzuschaffen und gleichzeitig den freien Willen der Seelen beizubehalten. Das ist aber eine unlogische Forderung – wie die Forderung Gott solle ein rundes Viereck schaffen. Genauso wie es keine runden Vierecke gibt, ist es nicht möglich jemandem einen freien Willen zu geben und dann festzulegen für was er oder sie sich entscheiden soll. Diese Eigenschaften schließen einander aus. Es gibt keinen freien Willen, bei dem man so programmiert ist, dass man etwas Bestimmtes wählen muss.

Gott stellt jedoch sicher, dass die Auswirkungen der Benutzung des eigenen freien Willens andere nicht außerhalb ihres eigenen Karmas begünstigt oder schadet. (Die Idee des Karmas besagt, dass jede Handlung eine Folge nach sich zieht – und das nicht unbedingt im derzeitigen Leben. Gute Taten führen zu positiven Folgen, schlechte Taten zu negativen.) Das heißt, dass wir jedes Leid, dass uns wiederfährt, auf die ein oder andere Weise in diesem oder in einem früheren Leben schon einmal einem anderen Lebewesen zugefügt haben. (Dieses Naturgesetz gibt natürlich niemandem das Recht anderen Schaden zuzufügen, noch heißt es, dass solche Handlungen nicht bestraft werden sollten.)

Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass die Erfahrung von Leid der Entwicklung der Seele helfen kann. Leid zu erfahren macht den Menschen sensibler und lässt ihn tiefgründiger verstehen, was Leid ist. Durch diese stärkere Feinfühligkeit kann man Leid dann auch besser in anderen erkennen und die Neigung anderen Wesen – auch nur im geringsten Maße – Schaden zu zufügen nimmt ab. Letztlich ist die Gefühllosigkeit oder Abgestumpftheit gegenüber dem Leid anderer der Grund, warum Lebewesen anderen Lebewesen Schaden zufügen. Indem sie selber Erfahrungen mit Leid sammeln, nimmt diese Abgestumpftheit ab und das Bewusstsein des Lebewesens kann sich weiter entwickeln.

Alles in allem ist es also durchaus möglich, dass es gleichzeitig Böses und einen Gott gibt, der alles weiß, gut ist und allmächtig ist, wenn das Böse einem wichtigeren Wert dient, nämlich der Erhaltung des freien Willens.

aus einem Vortrag von Hridayananda dasa Goswami (2011, Hawaii), hdgoswami.com

Troy Stoi2

Foto: Troy Stoi

Einheit und Verschiedenheit

Die Philosophie der Existenz – Ontologie genannt – hat schon viele Denker bis spät in die Nacht wach gehalten. Mittlerweile gibt es unzählige Erklärungen und Beschreibungen der Wahrheit bzw. ewigen Existenz. Die vielleicht grundlegendste Frage ist: ist die Wahrheit letztendlich eins oder gibt es so etwas wie eine ewige Vielfalt oder Verschiedenheit?

Monisten lehnen die Verschiedenheit als illusorisch ab und berufen sich darauf, dass die Wahrheit letztlich als eine unpersönliche Einheit existiert. Diese Sichtweise, welche Verschiedenheit kategorisch ablehnt, ist – aus philosophischer Sicht – nicht unproblematisch: 1) Wenn es nur eine wahre Substanz gibt und nichts zweites, woher kommt dann die Illusion? 2) Wie kann es sein, dass andere Seelen „in Illusion“ bleiben, wenn eine Seele Erleuchtung erlangt, wo doch, gemäß dieser Philosophie, alle Seelen letztlich die eine, gleiche Seele sind?

Ebenso problematisch sind Philosophien, welche davon ausgehen, dass es keine Einheit in der Wahrheit gibt und sie letztlich aus unzähligen, unzusammenhängenden Teilen besteht. Deutlich wird: die Idee, Einheit oder Vielfalt völlig zurückweisen zu wollen, ist sehr abwegig.

Viele klassische griechisch-römische Philosophen und auch hervorstechende Denker Indiens lösten diese in Sackgassen endenden Denkrichtungen auf, in dem sie das Offensichtliche aussprachen: die Wahrheit ist letztlich sowohl eins, als auch verschieden. Auch Shri Chaitanya vertritt diese Philosophie, welche er achintya-bedha-abedha nannte. Demnach sind Gott und die einzelnen Seelen sowohl eins, als auch verschieden voneinander.

Ein Beispiel, dass hierfür gegeben wird, ist ein gesundes, romantisches Pärchen. Ein Pärchen (Einheit) besteht aus zwei Individuen (Verschiedenheit). Die Beziehung ist gesund, wenn Einheit und Verschiedenheit richtig balanciert sind. Wenn einer der beiden (oder beide) keine richtige Identität außerhalb der Abhängigkeit vom anderen hat, ist die Einheit zu stark. Wenn die beiden kaum Zeit miteinander verbringen und sich über nichts mehr einig werden, ist die Verschiedenheit zu stark. Man kann also sagen, die beiden sind sowohl eins, als auch verschieden.

Ein anderes Beispiel ist die Wahrnehmung. Ein Mensch, der zu einer gesunden Wahrnehmung im Stande ist, muss zu zwei Dingen fähig sein: einzelne Objekte zu erkennen und ein kohärentes Ganzes zu bilden. Im Sanskrit nennt man diese beiden Fähigkeiten vyasa (differenzieren) und samasa (zusammenführen). Wenn man bei einem Spaziergang zum Beispiel nicht in der Lage ist, den Unterschied zwischen der Straße und dem Fußgängerweg wahrzunehmen, dann hat man ein Problem. Andererseits ist man auch in der Lage alle Einzelheiten, die man wahrnimmt zusammenzuführen zu der einheitlichen Erfahrung „Ich mache einen Spaziergang.“

Auf die ewige Wahrheit angewandt, heißt das, wie gesagt, dass Gott und die individuelle Seele letztendlich sowohl eins, als auch verschieden sind. Shrila Prabhupada drückte es oft so aus: die Seele ist qualitativ eins mit Krishna, oder Gott, und quantitativ verschieden. Das heißt, dass die ewige, erleuchtete Seele die gleichen Eigenschaften wie Gott besitzt – zum Beispiel, dass sie glücklich ist und eine ewige spirituelle Persönlichkeit hat – aber nicht in dem gleichen quantitativen Ausmaß. Während die Seele sich zum Beispiel meist nur über bestimmte Teile der Wahrheit bewusst ist (die eigenen Gedanken und Wahrnehmungen), durchdringt Gottes Bewusstsein alles. Jede einzelne Seele ist demnach also, sowohl mit allen anderen Seelen und Gott eins und verbunden, als auch eine getrennte, individuelle Person.

aus einem Vortrag von Hridayananda dasa Goswami (29. März, 2009), hdgoswami.com

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Bild: Bartek Ambrozik

Yoga – eine Praxis für jede Lebensfacette

Gaudiya Vaishnavas spiritualisieren ihre Leben durch die uralte Praxis des Bhakti-Yogas. Dabei möchten sie insbesondere ihre Herzen spiritualisieren bzw. läutern. Yoga ist eine Praxis, die jeder aufnehmen kann und die man in jeden Lebensbereich integrieren kann.

Immer wenn wir etwas reinigen, zum Beispiel Geschirr, das Auto oder Kleidung – bringen wir das Objekt, das gereinigt werden soll in Kontakt mit einer reinigenden Substanz, zum Beispiel sauberem Wasser. Einen Teppich klopfen wir mit einem Teppichklopfer aus, manche Metalle werden durch Feuer gereinigt.

Genauso können wir das Bewusstsein reinigen, wenn wir es mit etwas Reinem in Kontakt bringen. Der Sanskritbegriff für diesen Kontakt zwischen dem reinen Göttlichen und dem menschlichen Bewusstsein ist „Yoga“. (Im Deutschen findet man den gleichen Wortstamm übrigens dem Begriff etwas zusammen zu „jochen“.) Es gibt viele Möglichkeiten diesen Kontakt herzustellen. Eine bekannte Methode, die seit Jahrtausenden von allen Weltreligionen genutzt wird ist das Singen oder Meditieren über Gottes Namen.

Die Idee dahinter ist, dass Gott ein absolutes Wesen ist und völlig gegenwärtig ist in seinem Namen. Schon Sokrates philosophierte über die Beziehung zwischen der Bedeutung griechischer Worte und den Worten selbst. Auf der materiellen Ebene sind der Begriff und das Gemeinte natürlich verschieden. Man kann zum Beispiel nicht „Wasser” sagen, um seinen Durst zu löschen. Auf der spirituellen Ebene besitzt Gottes Name jedoch die gleichen Kräfte wie er selbst. Egal welchen Namen Gottes man nimmt – wenn man über Gottes Namen meditiert, wird das Bewusstsein mit Göttlichkeit durchdrungen. In der spirituellen Realität zählt die Intention und wenn man wirklich beabsichtigt Gott anzusprechen, dann wird die Klangschwingung, die man macht, von der spirituellen Wirklichkeit assimiliert und dann ist Gott auf unerklärliche Weise in dieser Klangschwingung gegenwärtig. Durch das Singen, Chanten oder Meditieren tritt man also in eine reale Verbindung mit dem Spirituellen und erreicht den Zustand des „Yoga“. (Die körperlichen Übungen beim Yoga (Asanas) und die Atemübungen sind eigentlich zur Vorbereitung dieser Meditation bzw. spirituellen Verbindung gedacht. Das ist wie wenn man z.B. Tennis spielen geht, dann dehnt man sich vorher und wärmt sich durch entsprechende Übungen auf.)

Nach dem gleichen Prinzip kann man all seine Aktivitäten mit Spiritualität durchdringen – Musik, Kunst, Wissenschaft etc. Zum Beispiel kann man sein Essen spiritualisieren, indem man es Gott weiht (eine uralte Praxis, die sich schon bei Homer finden lässt). Dabei wird Essen als Geschenk des Kosmos verstanden, das man, um den kosmischen Zyklus zu vervollständigen, wieder zurückgibt. So kann man auch gleich seinen Körper spiritualisieren, indem man ihn mit spiritualisierter Nahrung erhält. Man kann auch darüber meditieren, dass Gott in der eigenen Wohnung wohnt und dass man dem Herrn einen Aufenthaltsort schafft, wenn man aufräumt oder die Miete verdient – und so wird das eigene Heim zu einem Aschram, einem spirituellen Ort.

Jeder Aspekt unseres Lebens kann praktisch spiritualisiert und mit Gott verbunden werden, so dass das ganze Leben zu Yoga wird. Das Essen wird Yoga, das Singen und Tanzen wird Yoga, das Arbeiten wird Yoga, Beziehungen werden Yoga – alles. Auf diese Weise kann man sein gesamtes Wesen in die spirituelle Wirklichkeit vertiefen.

aus einem Vortrag von Hridayananda dasa Goswami (2007, Atlanta), hdgoswami.com

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Shri Chaitanya – Gründer des Gaudiya Vaishnavatums

Shri Chaitanya Mahaprabhu (1486-1534), Gründer des Gaudiya Vaishnavatums, hatte mit seiner Botschaft einen internationalen Einfluss, wie es seit Buddha kein Lehrer Indiens mehr hatte. Er rief eine Bewegung ins Leben, die sich immer noch auf der ganzen Welt verbreitet und heute als die Hare Krishna Bewegung bekannt ist. Insbesondere in den letzten 50 Jahren wurde die Hare Krishna Bewegung durch Shrila Prabhupada außerhalb Indiens bekannt und wird heute in Nord- und Südamerika, Europa, Russland, China und vielen anderen Ländern begeistert begrüßt. Dies wiederum verstärkte die Popularität der Bewegung in Indien, wo sich ihr immer mehr Millionen Menschen anschließen.

Etwas Einzigartiges an Shri Chaitanyas Bewegung ist, dass viele seiner ersten Nachfolger zu den größten Gelehrten ihrer Zeit gehörten. Dies machte es möglich, dass Shri Chaitanyas Lehre schon direkt zu seiner Zeit in der gleichen Sprache, in der er gesprochen hatte, aufgeschrieben und systematisiert wurde. Auch die ersten Biographien Shri Chaitanyas wurden von Nachfolgern seiner Zeit verfasst, die ihn persönlich gekannt hatten (wie z.B. das Chaitanya-bhagavata von Vrindavan Das Thakur). Dadurch besteht eine beispiellose Übereinstimmung unter seinen Nachfolgern in Bezug auf sein Leben und seine theologisch komplexe Lehre.

Das Leben Shri Chaitanyas

Gaudiya Vaishnavas (Nachfolger Shri Chaitanyas) betrachten Shri Chaitanya als Inkarnation Krishnas – als yuga-avatar – die Manifestation Gottes im aktuellen Zeitalter, der kam, um das yuga-dharma zu lehren – die effektivste spirituelle Praxis für diese Zeit.

Shri Chaitanya wurde in Westbengalen (in Navadvip) in einer Brahmanen-Familie geboren. Seine Eltern, Sacidevi und Jagannath Mishra, hatten zwei Söhne, Vishvarupa und Shri Chaitanya. Navadvip, sein Geburtsort, war zu der Zeit das intellektuelle Zentrum Südasiens und bot ihm eine erstklassige Ausbildung in Logik und anderen Fächern. Shri Chaitanya war ein hervorragender Schüler – im gelehrten Umfeld Navadvips wurde er immer mehr zu einer Berühmtheit. Schon als junger Teenager fing er an zu Unterrichten und besiegte bekannte Gelehrte beim Debattieren.

Gleichzeitig bildete sich zu der Zeit eine Vaishnava -Bewegung in Navadvip aus. Die Anhänger dieser Bewegung wollten zu den Ursprüngen der indischen Kultur zurückkehren, d.h. sie setzten sich als Lebensziel durch die Praxis von bhakti-yoga Liebe zu Gott zu entwickeln. Diese Vaishnavas waren jedoch etwas entmutigt, da sie auf wenig Interesse für bhakti-yoga unter den Einwohnern Navadvips stießen.

Als Shri Chaitanyas Vater starb, ging Chaitanya mit seiner Familie nach Gaya, um dort die Sterberiten für seinen Vater durchzuführen. Als er dort war, traf er den bedeutenden Vaishnava Ishvara Puri und war so beeindruckt von ihm, dass er sich entschied sein Schüler zu werden. Auf diese Weise kehrte er als begeisterter Verehrer Krishnas nach Navadvip zurück, suchte dort die Vaishnava-Gemeinde auf und wurde ihr Anführer.

Er begann mit seinen Nachfolgern die Namen Krishnas auf den Straßen Navadvips zu singen, obwohl dies von der muslimischen Regierung verboten wurde. Dies zog den Zorn des Kazis (Bürgermeisters) auf sich, der sich dazu entschloss die Bewegung Chaitanyas zu zerstören, indem er gewaltsam in die Versammlungen eingriff. Daraufhin rief Chaitanya tausende Menschen zum Protest zusammen und marschierte mit ihnen zum Haus des Kazis. Chaitanya bestand darauf, dass die Menschenmenge friedlich blieb. Dies führte zu einem Gespräch zwischen Chaitanya und dem Kazi, woraufhin der Kazi das öffentliche Singen von Krishnas Namen nicht nur erlaubte, sondern all seinen Regierungsnachfolgern befahl Chaitanyas Bewegung freie Bahn zu gewähren.

Zur Zeit Shri Chaitanyas wurden spirituelle Lehrer v.a. ernst genommen, wenn sie als sannyasis lebten (entsagte Mönche) und so entschied sich Chaitanya im Alter von 24 für das sannyasa-Gelübde. Die nächsten sechs Jahre reiste er durch ganz Indien und war sagenhaft erfolgreich als Lehrer der Krishna-bhakti (Hingabe zu Krishna). Auf der einen Seite war er ein gefühlvoller und begeisterter Tänzer und Sänger, auf der anderen Seite konnte er sich, wenn die Musik aufhörte, hinsetzen und hochphilosophische Gespräche mit den bekanntesten Gelehrten seiner Zeit führen. Durch diese Kombination gewann er viele Menschen für seine Bewegung. Religionswissenschaftler halten fest, dass sich überall wo seine Bewegung Fuß fasste soziale Harmonie ausbreitet und gewaltsame Konflikte zwischen Hindus und Muslimen in beachtlichem Ausmaß abnahmen. Nach seinen Reisen ließ sich Shri Chaitanya in der bedeutenden Pilgerstadt Jagannath Puri nieder und verbrachte dort den Rest seines Lebens.
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Shrila Prabhupada

1619265_740503202626934_1286036350_nA. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, kurz Shrila Prabhupada (1896-1977, Foto links), ist einer der wichtigsten Vertreter des Gaudiya-Vaishnavatums des letzten Jahrhunderts und gründete 1966 die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (auch als die Hare Krishna Bewegung bekannt). Ohne seinen Beitrag wäre bhakti-yoga außerhalb von Bengalen heute nahezu unbekannt.
 
Sein Leben

Schon als Kind war Shrila Prabhupada von Krishna begeistert und verehrte kleine Altarfiguren. Als junger Erwachsener besuchte er das Scottish Church College und war ein Anhänger Gandhis. 1922 traf er Shrila Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakura (Foto rechts), dessen Erklärungen des Anliegens der uralten vedischen Kultur Indiens ihn so beeindruckten, das er sein Schüler wurde.SBST

Shrila Prabhupada arbeitete viele Jahre als Händler von Pharmazieprodukten und hatte eine Familie. 1959 nahm er das sannyasa-Gelübde auf sich (sannyasi = Mönch) und widmete er sich intensiv dem Studium der vedischen Schriften. Er begann mit der Arbeit an seinem Lebenswerk – einer vielbändigen, kommentierten Übersetzung des achtzehntausend Verse umfassenden Shrimad Bhagavatam.

Nach langer Vorbereitungszeit begab er sich schließlich 1965, im Alter von 69 Jahren, auf die Reise nach New York. In nur 12 Jahren baute er eine internationale Bewegung mit über 100 Tempeln auf der ganzen Welt auf. In dieser Zeit umrundete  Shrila Prabhupada die Erde 14 mal, um den unzähligen Einladungen aus aller Welt nachzukommen.

Sein Werk

Ungeachtet seiner vielen Reisen sah er seine Hauptaufgabe weiterhin darin, die wichtigsten Texte des Gaudiya Vaishnavatums, wie zum Beispiel die Bhagavad G­ita, sowie das Shri Chaitanya-charitamrita zu übersetzen und zu kommentieren. Außerdem hielt er auf der ganzen Welt Vorträge, gab Interviews und führte Gespräche mit bedeutenden Vertretern aus Politik, Wissenschaft und mit Führungspersönlichkeiten vieler anderer Religionen.

Shrila Prabhupada veröffentlichte:

  1. kommentierte Übersetzungen wichtiger Werke des Gaudiya-Vaishnavatums
  2. Zusammenfassungen dieser Werke
  3. Zusammenstellungen von Vorträgen, Briefen und Unterhaltungen zu bestimmten Themen

Die bedeutendsten und umfassendsten Werke fallen in die erste Kategorie:

  • Shrimad Bhagavatam
  • Shri Chaitanya-charitamrita (Shri Chaitanya Mahaprabhus Biografie)
  • Bhagavad Gita – wie sie ist (ein philosophisches Gespräch zwischen Gott, Krishna, und seinem Freund, Arjuna – auch als Bibel Indiens bekannt)

In der zweiten Kategorie finden sich Bücher wie „Die Lehren Shri Chaitanyas“ und „Krishna – die höchste Persönlichkeit Gottes“, in die dritte fallen Werke wie „Die Schönheit des Selbst“ und „Perfekte Fragen, perfekte Antworten“.

Eine vollständige Bibliothek mit allen Werken Śrīla Prabhupādas findet sich in unserem Tempel, und viele dieser Bücher kann man ausleihen, oder kaufen. Natürlich gibt es das Gesamtwerk (auf Englisch) mittlerweile auch in digitaler Form, und eBook Versionen vieler deutscher Titel sind ebenso erhältlich.

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Krishna – die höchste Form Gottes

In dem für Gaudiya Vaishnavas wichtigem Werk „Bhakti-Rasamrita-sindhu“ schreibt Rupa Goswami, dass Krishna die ursprüngliche und höchste Form Gottes ist, da er die meisten Eigenschaften besitzt. Da Gott ein unbegrenztes Wesen ist, muss die Form Gottes, die die meiste Vielfalt vereint, die ursprüngliche Form Gottes sein.

Manchmal taucht die Frage auf, ob Gott in eine „Form“ pressen zu wollen, ihn nicht begrenzt? Im materiellen Sinne stimmt das – eine materielle definierte Form in Raum und Zeit hat Grenzen – irgendwo beginnt und endet eine materielle Form. Eine materielle Form ist per Definition eine Einschränkung. Krishna’s Form ist jedoch spirituell und folgt anderen Gesetzen. Eine spirituelle Form ist nicht durch Raum und Zeit begrenzt – sie folgt einer anderen Physik. Krishna’s Körper ist keine Einschränkung. Genauso wie man Klang nicht einschränkt, wenn man ihn zu Worten formt, sondern im Gegenteil die Bedeutsamkeit des Klangs erhöhen kann, ist Krishna durch seine Form nicht beschränkt.
Warum macht es Sinn, dass Krishna eine Person ist? Sind spirituelle Erfahrungen, ohne ein Konzept eines persönlichen Gottes nur Einbildung?

Wir können überall beobachten, dass eine Person ein höheres Wesen ist, als eine Energie – vor allem weil Personen differenziert reagieren können. Desweiteren sind höher entwickelte Lebewesen meist auch persönlicher – in dem Sinne, dass man besser mit ihnen in Beziehung treten kann. Warum sollte es in Gott dann keine persönliche Seite geben? Das heißt aber nicht, dass spirituelle Erfahrungen von Menschen, die an keinen persönlichen Gott glauben nur Einbildung sein müssen, denn Krishna hat auch einen unpersönlichen Aspekt – häufig auch als seine „Ausstrahlung“ bezeichnet. So wie die Sonne sowohl als Planet, als auch als Strahlung erfahrbar ist, ist auch Krishna sowohl als Person, als auch als eine unpersönliche Energie erfahrbar. Beziehungen eingehen zu können ist wunderbar. Warum würde man das in der Ewigkeit aufgeben wollen? Und warum sollte Gott nicht ein Teil davon sein?

Rupa Goswami listet auch Krishnas Eigenschaften auf (die detaillierten Beschreibungen der Eigenschaften werden hier nicht wieder gegeben, können aber nachgelesen werden). Krishna ist eine faszinierende Vorstellung Gottes, und wie die Leser sicher schnell feststellen werden, ganz anders als der verurteilende, alte Mann mit dem langen weißen Bart.

1. schöne Körpermerkmale
2. Eigenschaften, die Glück auslösen
3. angenehm
4. eine besondere Ausstrahlung
5. stark
6. ewige Jugend
7. sprachkundig
8. ehrlich
9. angenehmer Sprecher
10. sprachgewandt
11. sehr gelehrt
12. sehr intelligent
13. genial
14. künstlerisch
15. clever
16. geschickt
17. dankbar
18. entschlossen
19. handelt genau im richtigen Moment
20. kennt die Schriften
21. rein
22. selbstbeherrscht
23. stetig
24. geduldig
25. vergebend
26. tiefsinnig
27. ausgeglichen
28. ausgeglichen
29. großherzig
30. religiös
31. heldenhaft
32. barmherzig
33. respektvoll
34. sanft
35. liberal
36. schüchtern
37. beschützt hingegebene Seelen
38. glücklich
39. Freund seiner Verehrer
40. von Liebe gesteuert
41. allglückverheißend
42. am mächtigsten
43. am berühmtesten
44. beliebt
45. Heiligen zugeneigt
46. bezaubert alle Frauen
47. verehrenswert
48. vielfältig
49. ehrenswert
50. der höchste Herrscher
51. unveränderlich
52. allwissend
53. immer aufs Neue interessant und anziehend
54. die Verkörperung von Ewigkeit, Wissen und Glück
55. beherrscht alle mystischen Fähigkeiten
56. besitzt unvorstellbare Kräfte
57. der Ursprung unzähliger Universen
58. die ursprüngliche Quelle aller Inkarnationen
59. gewährt den getöteten Feinden Befreiung
60. selbst für Erleuchtete anziehend
61. genießt wunderbare Spiele und Taten
62. umgeben von liebenden Gefährten
63. spielt auf bezaubernde Weise Flöte
64. außergewöhnliche schön

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Radha – Krishnas zweite Hälfte

Krishna zu beschreiben, ohne Radharani zu erwähnen, wäre nur eine Seite der Medaille zu betrachten.
Radharani ist Krishnas zweite Hälfte und seine ewige Gefährtin.

Radharani hat unbegrenzt viele transzendentale Eigenschaften. Rupa Goswami beschreibt sie wie folgt:

1) Sie ist äußerst lieblich.
2) Sie ist ewig jugendlich.
3) Ihre Augen sind rastlos.
4) Ihr Lächeln ist strahlend.
5) Sie hat glückverheißende Linien auf ihrem Körper.
6) Der Duft ihres Körpers macht Krishna glücklich.
7) Sie kann sehr gut singen.
8) Sie spricht auf eine bezaubernde Art.
9) Sie ist geschickt im Scherzen.
10) Sie ist demütig und bescheiden.
11) Sie ist voller Barmherzigkeit.
12) Sie ist clever.
13) Sie erfüllt ihre Pflichten gekonnt.
14) Sie ist schüchtern.
15) Sie ist respektvoll.
16) Sie ist ruhig.
17) Sie ist tiefsinnig.
18) Sie ist geschickt darin das Leben zu genießen.
19) Sie ist auf der höchsten Ebene ekstatischer Liebe.
20) Sie ist das Reservoir aller Liebe in Vrindavana.
21) Sie ist die Berühmteste aller ergebenen Verehrern Krishnas.
22) Sie ist sehr liebevoll zu älteren Menschen.
23) Sie fügt sich der Liebe ihrer Freundinnen.
24) Sie ist die Anführerin der Gopis.
25) Sie beherrscht Krishna immer.