Gaudiya Vaishnavas spiritualisieren ihre Leben durch die uralte Praxis des Bhakti-Yogas. Dabei möchten sie insbesondere ihre Herzen spiritualisieren bzw. läutern. Yoga ist eine Praxis, die jeder aufnehmen kann und die man in jeden Lebensbereich integrieren kann.
Immer wenn wir etwas reinigen, zum Beispiel Geschirr, das Auto oder Kleidung – bringen wir das Objekt, das gereinigt werden soll in Kontakt mit einer reinigenden Substanz, zum Beispiel sauberem Wasser. Einen Teppich klopfen wir mit einem Teppichklopfer aus, manche Metalle werden durch Feuer gereinigt.
Genauso können wir das Bewusstsein reinigen, wenn wir es mit etwas Reinem in Kontakt bringen. Der Sanskritbegriff für diesen Kontakt zwischen dem reinen Göttlichen und dem menschlichen Bewusstsein ist „Yoga“. (Im Deutschen findet man den gleichen Wortstamm übrigens dem Begriff etwas zusammen zu „jochen“.) Es gibt viele Möglichkeiten diesen Kontakt herzustellen. Eine bekannte Methode, die seit Jahrtausenden von allen Weltreligionen genutzt wird ist das Singen oder Meditieren über Gottes Namen.
Die Idee dahinter ist, dass Gott ein absolutes Wesen ist und völlig gegenwärtig ist in seinem Namen. Schon Sokrates philosophierte über die Beziehung zwischen der Bedeutung griechischer Worte und den Worten selbst. Auf der materiellen Ebene sind der Begriff und das Gemeinte natürlich verschieden. Man kann zum Beispiel nicht „Wasser” sagen, um seinen Durst zu löschen. Auf der spirituellen Ebene besitzt Gottes Name jedoch die gleichen Kräfte wie er selbst. Egal welchen Namen Gottes man nimmt – wenn man über Gottes Namen meditiert, wird das Bewusstsein mit Göttlichkeit durchdrungen. In der spirituellen Realität zählt die Intention und wenn man wirklich beabsichtigt Gott anzusprechen, dann wird die Klangschwingung, die man macht, von der spirituellen Wirklichkeit assimiliert und dann ist Gott auf unerklärliche Weise in dieser Klangschwingung gegenwärtig. Durch das Singen, Chanten oder Meditieren tritt man also in eine reale Verbindung mit dem Spirituellen und erreicht den Zustand des „Yoga“. (Die körperlichen Übungen beim Yoga (Asanas) und die Atemübungen sind eigentlich zur Vorbereitung dieser Meditation bzw. spirituellen Verbindung gedacht. Das ist wie wenn man z.B. Tennis spielen geht, dann dehnt man sich vorher und wärmt sich durch entsprechende Übungen auf.)
Nach dem gleichen Prinzip kann man all seine Aktivitäten mit Spiritualität durchdringen – Musik, Kunst, Wissenschaft etc. Zum Beispiel kann man sein Essen spiritualisieren, indem man es Gott weiht (eine uralte Praxis, die sich schon bei Homer finden lässt). Dabei wird Essen als Geschenk des Kosmos verstanden, das man, um den kosmischen Zyklus zu vervollständigen, wieder zurückgibt. So kann man auch gleich seinen Körper spiritualisieren, indem man ihn mit spiritualisierter Nahrung erhält. Man kann auch darüber meditieren, dass Gott in der eigenen Wohnung wohnt und dass man dem Herrn einen Aufenthaltsort schafft, wenn man aufräumt oder die Miete verdient – und so wird das eigene Heim zu einem Aschram, einem spirituellen Ort.
Jeder Aspekt unseres Lebens kann praktisch spiritualisiert und mit Gott verbunden werden, so dass das ganze Leben zu Yoga wird. Das Essen wird Yoga, das Singen und Tanzen wird Yoga, das Arbeiten wird Yoga, Beziehungen werden Yoga – alles. Auf diese Weise kann man sein gesamtes Wesen in die spirituelle Wirklichkeit vertiefen.
aus einem Vortrag von Hridayananda dasa Goswami (2007, Atlanta), hdgoswami.com